Kapitel: Verschiedenes
Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion
Entwicklungsstufe: S1
Stand: 22. Februar 2018
Online seit: 25. Mai 2018
Gültig bis: 21. Februar 2023
AWMF-Registernummer: 030/112
Federführend
Prof. Dr. Carl-Albrecht Haensch, Mönchengladbach
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Zitierhinweis:
Haensch C.-A. et al., Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion, S1-Leitlinie, 2018; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am TT.MM.JJJJ)
Inhaltsverzeichnis
- Was gibt es Neues?
- Die wichtigsten Empfehlungen auf einen Blick
- Einführung
- Definition
- Diagnostik
- Therapie
- Besonderheiten für die Schweiz und Österreich
- Versorgungskoordination
- Expertengruppe
- Erklärung von Interessen und Umgang mit Interessenkonflikten
- Methodik der Leitlinienentwicklung
- Literatur
Was gibt es Neues?
Diagnostik
- Die erektile Dysfunktion findet bei neurologischen Erkrankungen mehr Beachtung.
- Die Diagnose psychogene Erektionsstörung wird seltener gestellt.
- Seit der Einführung der Phosphodiesterase-5-Hemmer wird häufig vor der Diagnostik ein Therapieversuch durchgeführt.
- Invasive diagnostische Maßnahmen werden nur noch selten eingesetzt.
- Elektrophysiologische Untersuchungen spielen nach wie vor eine geringe Rolle. Der diagnostische Wert des Corpus-cavernosum-EMG ist fragwürdig. Es wird nicht mehr empfohlen.
Therapie
- Die Phosphodiesterase-5-Hemmer dominieren die Therapie.
- Die vier zugelassenen Phosphodiesterase-5-Hemmer haben vergleichbare Wirkeffekte, unterscheiden sich aber bezüglich Pharmakokinetik und unerwünschter Wirkungen.
- Vardenafil steht als 10-mg-Schmelztablette zur Verfügung. Tadalafil 5 mg steht als tägliche Medikation zur Verfügung und ist auch zugelassen für das benigne Prostatasyndrom.
- MUSE (Medical Urethral System for Erection) und SKAT (Schwellkörperautoinjektionstherapie) haben an Bedeutung verloren.
Die wichtigsten Empfehlungen auf einen Blick
Diagnostik
- Die Diagnostik der erektilen Dysfunktion liegt heute primär in der Hand der Urologen. Der Neurologe wird bei Bedarf konsiliarisch hinzugezogen.
- In vielen Fällen ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erforderlich.
- Bei der Frage nach einer neurogenen Ursache einer erektilen Dysfunktion sind Anamnese und klinischer Befund in den meisten Fällen ausreichend.
- Das EMG des M. sphincter ani externus kann als Screening-Methode bei der Frage nach einer neurogenen erektilen Dysfunktion angesehen werden.
- Die Neurographie sowie die SSEP des N. pudendus und die penile sympathische Hautantwort werden nur bei gezielten Fragestellungen oder auffälligen Befunden eingesetzt.
- Das sog. EMG des Corpus cavernosum ist obsolet.
- Bildgebende Verfahren werden gezielt aufgrund der klinischen Befunde angefordert.
Therapie
- Die Phosphodiesterase-5-Hemmer (in alphabetischer Reihenfolge) Avanafil, Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil sind Therapie der Wahl.
- Andere Therapieoptionen werden eher selten eingesetzt und sind spezialisierten Ärzten vorbehalten.
- Apomorphin und Yohimbin spielen keine Rolle in der Therapie.
Einführung
Seit der Einführung der Phosphodiesterase-5-(PDE-5-)Hemmer erfolgt die Therapie häufig unkritisch. Die erektile Dysfunktion stellt eine relevante Symptomatik dar, die adäquat diagnostiziert und therapiert werden sollte.
Definition
Die erektile Dysfunktion ist definiert als die fortwährende Unfähigkeit, eine penile Erektion, die für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr ausreicht, zu erreichen und aufrechtzuerhalten (NIH Consensus Conference, 1993). Diese Störung sollte für mindestens 6 Monate bestehen. Eine Erektionsstörung kann Lebensqualität und Wohlbefinden des Betroffenen sowie des Lebenspartners deutlich vermindern.
Bedeutung der erektilen Dysfunktion in der Neurologie
Aufgabe der neurologischen bzw. nervenärztlichen Diagnostik ist die Identifikation bzw. der Ausschluss neurogener und/oder psychogener Ursachen der erektilen Dysfunktion (Tab. 1). Dies erfolgt zur Diagnostik und Differenzialdiagnostik nach Zuweisung durch den Urologen, aber auch weil eine erektile Dysfunktion bei vielen neurologischen Erkrankungen als Früh- oder Spätsyndrom auftritt und eine häufige unerwünschte Wirkung von Medikamenten der neurologischen Therapie ist.
Epidemiologie
In Deutschland berichteten 96% der befragten Männer in der Altersgruppe von 30–39 Jahren und 71,3% in der Altersgruppe von 70–80 Jahren über regelmäßige sexuelle Aktivität (Braun et al., 2000). Hinsichtlich der Prävalenz nimmt die erektile Dysfunktion von 2,3% in der 3. Lebensdekade auf 53,4% in der 7. Lebensdekade zu (Braun et al., 2000). Dies würde mehrere Millionen betroffener Bundesbürger bedeuten. In den USA (Massachusetts Male Aging Study) fand sich bei zufällig ausgewählten 40- bis 70-jährigen Männern eine Prävalenz von 52% für die Gesamtgruppe, mit der Unterteilung in eine erektile Dysfunktion geringer (17,2%), mäßiger (25,2%) oder schwerer (9,6%) Ausprägung (Feldman et al., 1994). Aus Frankreich wird eine Prävalenz von 31,6% der über 40-jährigen Männer berichtet (Guiliano et al., 2002). Ein Therapiewunsch bis zur 6. Lebensdekade besteht bei der Hälfte der Männer (Braun et al., 2000).
Diagnostik
Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen aus Sicht der Neurologie sind:
- Anamnese
- Symptomerfassung mit etablierten Fragebögen
- neurologische Untersuchung
- psychiatrische/psychologische Diagnostik
- Gefäßdiagnostik und pharmakologische Provokationstests
- urologische/andrologische Diagnostik (Tab. 2)
- bildgebende Verfahren
- neurophysiologische Untersuchungen
- EMG der Sphinkteren
- Neurographie
- evozierte Potenziale
Basisuntersuchungen
Als Basisprogramm müssen bei den Patienten mit einer erektilen Dysfunktion eine spezifische Anamnese und eine komplette neurologische Untersuchung erfolgen. Die Anamnese umfasst auch die Sexualanamnese und sollte nicht von falscher Scham beherrscht sein. Psychologische Ursachen und Faktoren sind zu berücksichtigen. Die Partnerin respektive der Partner sollte, falls möglich, ebenfalls befragt werden. Wesentlich ist auch die Frage nach nächtlichen und morgendlichen Spontanerektionen (Cave: Morgendliche Erektionen schließen eine Erektionsstörung nicht aus). Symptomatische Ursachen wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, Gefäßerkrankungen etc. sind ebenso wie Vorerkrankungen und Operationen, auslösende Medikamente, Alkohol- und Drogenmissbrauch und neurologische Erkrankungen (Polyneuropathie, Bandscheibenvorfälle, Parkinsonsyndrom, Multiple Sklerose, Schlafapnoe) zu erfragen (Davis-Joseph et al., 1995).
Bei der klinisch-neurologischen Untersuchung richtet sich ein besonderes Augenmerk auf weitere Störungen in der Urogenitalregion (Inkontinenz, Abszesse, Traumata), die Sensibilitätsprüfung im Urogenitalbereich sowie den Anal- und Kremasterreflex (Tab. 3).
Bei der körperlichen Untersuchung dürfen die urogenitale (auch Hoden und Prostata) und anale Inspektion sowie digitale und funktionelle Untersuchungen (Kneifen, Pressen) des Analkanals nicht vergessen werden.
Aus den auffälligen Befunden ergeben sich weiterführende Untersuchungen.
Bei den Laboranalysen sind insbesondere die Sexualhormone Testosteron und Prolaktin zu berücksichtigen. Bei pathologischem Testosteronwert sollten auch andere endokrine Systeme (Schilddrüse, Nebenniere) untersucht werden, bevor eine Substitution vorgenommen wird.
Folgende Laborparameter sind ebenfalls von Bedeutung:
- Blutzucker (ggf. HbA1c)
- Leberenzyme
- Serum-Kreatinin
- Blutbild (Polyglobulie bei Schlafapnoe-Syndrom!)
- Lipiddiagnostik
Wegen der Assoziation von Erektionsstörungen mit sonstigen Erkrankungen des unteren Harntrakts (Rosen et al., 2002) empfehlen wir bei Patienten, die älter als 45 Jahre sind, die zusätzliche PSA-Bestimmung sowie eine urologische Untersuchung.
Als Fragebogen wird klinisch bei erektiler Dysfunktion zunehmend der International Index of Erectile Function (IIEF; Rosen et al., 1997) oder die Kurzform (IIEF-5; Rosen et al., 1999) eingesetzt, die sich insbesondere in Pharmakonstudien bewährt hat. Dieser Fragebogen erlaubt eine graduelle Einteilung anhand des Punktescores in keine, leichte, mittelschwere und schwere erektile Dysfunktion.
Klinisch-andrologische Untersuchung
Die klinisch-andrologische Untersuchung beinhaltet die Palpation des Penis (Indurationen bei Induratio penis plastica), die Palpation des Skrotalinhalts (Hodenatrophie, Hodentumor), den Gesamtkörperstatus (Habitus, Gynäkomastie?) und die rektal-digitale Untersuchung (benigne Prostatahyperplasie, Prostatitis, Prostatakarzinom). Diese Untersuchung erfordert ausreichende Erfahrung auf diesem Gebiet.
Gefäßdiagnostik
Gefäßdiagnostik am Penis sowie neurologische Untersuchungsverfahren zählen zur erweiterten Diagnostik bei erektiler Dysfunktion. Gefäßuntersuchungen der penilen Gefäße sind nur in artifizieller Erektion sinnvoll. Daher bietet sich die Kombination mit dem Schwellkörperinjektionstest (SKIT) an, bei dem eine pharmakologisch provozierte Erektion visuell und palpatorisch klassifiziert wird (eingeteilt in die Stufen E0–E5). Mittel der ersten Wahl zur Erektionsprovokation ist Prostaglandin E1 (Caverject, Viridal). Insbesondere die Farb-Duplexsonographie erlaubt sehr differenzierte Aussagen über die Intaktheit der penilen Arterien sowie indirekt durch Messung der diastolischen Maximalgeschwindigkeiten über die Okklusionsfunktion des Schwellkörpers. Bei Nachweis einer penilen Arteriopathie sollte eine koronare Herzkrankheit ausgeschlossen werden (Lewis & Jordan, 2002).
Bei fehlendem Ansprechen auf die intrakavernöse Injektion vasoaktiver Substanzen kann, wenn auch selten erforderlich, eine Pharmakokavernosometrie und Pharmakokavernosographie zur besseren Beurteilung der venösen Verschlussfunktion des Schwellkörpers angeboten werden. Eine angiographische Untersuchung der Penisgefäße (selektive A.-pudenda-interna-Angiographie) ist nur bei Verdacht auf Gefäßmissbildung oder bei geplanten interventionellen Maßnahmen indiziert, was durch die Weiterentwicklung der Duplexsonographie auf Einzelfälle beschränkt bleibt. Diese Untersuchungen werden meist nur von entsprechend ausgebildeten Urologen/Andrologen ausgeführt.
Ein gutes Ansprechen beim Einsatz auf PDE-5-Hemmer spricht für ein intaktes Gefäßsystem.
Neurologische Zusatzdiagnostik
Mit den neurophysiologischen Untersuchungen sollen somatische Efferenzen und Afferenzen sowie sympathische Nervenfasern, die mit dem N. pudendus zu den Erfolgsorganen des Beckenbodens (Penis, Urethralsphinkter, Analsphinkter) verlaufen, beurteilt werden. Zur Überprüfung der somatischen Efferenz darf das EMG des M. sphincter ani externus mit konzentrischen Nadelelektroden als Screening-Methode angesehen werden (Bartolo et al., 1983; Jost, 2004). Spontanaktivität spricht, wie bei einem EMG anderer Muskeln auch, für eine akute, periphere Läsion im motorischen Schenkel des N. pudendus, während der neurogene Umbau der Muskelpotenziale (verlängert, polyphasisch, hochgespannte Muskelaktionspotenziale) für eine chronisch-neurogene Läsion des Analsphinkters spricht. Der Bulbocavernosusreflex wird durch einen elektrischen Reiz des N. dorsalis penis mittels Ringelektroden am Penis evoziert und die Reflexantwort mit Nadelelektroden vom M. bulbocavernosus abgeleitet. Der Reflex wird zur seitengetrennten Untersuchung des N. pudendus sowie zum Nachweis von Läsionen der Cauda equina und des Conus medullaris verwendet.
Bei der Messung der PNTML (Pudendal Nerve Terminal Motor Latency) wird zur Beurteilung der somatomotorischen Bahn des N. pudendus nach digitaler Austastung des Analkanals der motorische Endast des N. pudendus stimuliert und mittels einer weiter distal gelegenen Elektrode über dem externen Analsphinkter abgeleitet (Kiff & Swash, 1984). Die Überprüfung der somatischen Afferenz durch Messung der somatosensorisch evozierten Potenziale des N. pudendus (Opsomer et al., 1986) gibt Aufschluss über die gesamte Strecke der sensiblen Bahnen von penil bis zerebral sowie über Latenzverzögerungen bei peripheren (Diabetes) und zentralnervösen Schädigungen (Multiple Sklerose). Die genannten Methoden beurteilen die schnell leitenden, dickbemarkten Nervenfasern, nicht jedoch die entscheidenden Nervenfasern, die die glatten kavernosalen Muskelzellen und damit die Füllungszustände des Schwellkörpers regulieren. Diese Fasern gehören postganglionär zu den unbemarkten C-Fasern des vegetativen Nervensystems und sind einer direkten neurophysiologischen Untersuchung nicht zugänglich. Lediglich die sympathischen sudomotorischen Nervenfasern der Penishaut können mittels der penilen sympathischen Hautantwort (PSHA) diagnostisch erfasst werden. Zeitweise wurde große Hoffnung durch die Befunde des Corpus-cavernosum-EMG geweckt. Nach dem derzeitigen Stand liefert die Untersuchung aber keine aussagekräftige, reproduzierbare Aussage (Jost, 2004). Die Untersuchung von A-Delta- und C-Fasern mittels quantitativer sensibler Testung des Temperaturempfindens (Warm-/Kalt-Wahrnehmungsschwellen) kann hilfreich zum Nachweis einer neuropathischen Komponente bei erektiler Dysfunktion angewandt werden (Wellmer, 1999).
Bei pathologischem, klinischem oder elektrophysiologischem Befund werden zur Lokalisation von Läsionen auch bildgebende Verfahren (Kernspintomographie) eingesetzt.
Bei komplett unauffälligem körperlichem Untersuchungsbefund sollte eine Kooperation mit einem erfahrenen Sexualtherapeuten gesucht werden, da das erste Ziel der Behandlung immer die Behandlung der Ursache und nicht des Symptoms sein sollte.
Psychiatrische Diagnostik
Sowohl bei normaler als auch bei gestörter Sexualität sind stets psychische, soziale (insbesondere partnerschaftliche) und organische Faktoren miteinander verknüpft. Dies gilt auch für die erektile Dysfunktion. Diese multifaktoriellen Wechselwirkungen erfordern in den meisten Fällen eine interdisziplinäre Diagnostik und Therapie. Besonders deutlich wird dies an der engen Beziehung zwischen depressiven Störungen und erektiler Dysfunktion, die sich gegenseitig bedingen, aufrechterhalten oder verstärken können (beispielsweise beeinflussen viele moderne Antidepressiva die Sexualität negativ).
Bei der Sexualanamnese können folgende Informationen auf eine psychische Ursache der erektilen Dysfunktion hinweisen (Buddeberg 1996):
- plötzlicher Beginn (ohne erkennbaren organischen Auslöser)
- vorausgehende belastende Lebensereignisse
- Fluktuationen und Situationsabhängigkeit der Störung (Partnerkontakt versus Masturbation)
- keine körperlichen Risikofaktoren (die Potenz beeinflussenden Erkrankungen, Medikamente, Alkohol, Drogen)
- Alter unter 50 Jahren
- Fortbestehen nächtlicher Spontanerektionen
Die psychischen Ursachen einer erektilen Dysfunktion lassen sich 4 Bereichen zuordnen (Hartmann 2000, Kockott 2002):
- innerpsychische Ängste (psychodynamische Aspekte)
- Lerndefizite (lerntheoretische Aspekte)
- partnerschaftliche Probleme (interpersonelle, paardynamische Aspekte)
- Selbstverstärkungsmechanismus der Versagensangst
Therapie
Die wichtigsten therapeutischen Maßnahmen aus Sicht der Neurologie sind:
- Behandlung der Ursache bzw. Vorbeugung, z.B. bei Diabetes
- psychiatrisch-psychologische Therapie, falls entsprechende Genese
- medikamentöse Therapie:
- PDE-5-Hemmer
- lokale Pharmakotherapie
- lokale Hilfsmittel
- operative Therapie
Bevor die Therapie beginnt, sollte der Patient über die Ursachen und die therapeutischen Möglichkeiten aufgeklärt werden. Wenn möglich, sollte die Partnerin respektive der Partner einbezogen werden. Die kommentarlose Verordnung einer medikamentösen Therapie ist zu vermeiden. Primäres Ziel muss die ursächliche Therapie sein. Dazu gehört auch die Veränderung des Lebensstils und der Lebensgewohnheiten (Esposito et al., 2004), z.B. Gewichtsreduktion, Reduktion oder Meiden von Nikotin und Alkohol. Erst danach erfolgt die symptomatische Therapie. Durch die guten Erfolge der PDE-5-Hemmer wird diese Reihenfolge in den letzten Jahren bedauerlicherweise missachtet. Die spezifische Therapie bei Testosteronmangel oder bei anatomischen Auffälligkeiten und PSA-Erhöhungen wird vom Urologen durchgeführt.
Bei der medikamentösen Therapie kann zwischen oraler, intraurethraler und intrakavernöser Applikation unterschieden werden (Tab. 4). Als Ultima ratio sind operative Methoden zu nennen, deren Erfolgsrate jedoch begrenzt ist. Häufig vergessen wird die nicht organische Therapie.
Psychiatrisch-psychologische Therapie
Psychopharmakologische oder psychotherapeutische Interventionen (Einzel- und Paartherapie) richten sich nach der eruierten Grundproblematik (z.B. Antidepressiva oder kognitive Therapie von Depressionen, bei denen Libido- und Erektionsstörungen Teil eines Symptomkomplexes sein können).
Probleme wie Unwissenheit, sexuelle Fehleinstellungen oder aktuelle Paarkonflikte können häufig durch entlastende oder beratende Gespräche bzw. Vermittlung einer Aussprache des Paares erfolgreich angegangen werden (Buddeberg, 1996). Eine gezielte Therapie sollte erfahrenen Sexualtherapeuten überlassen werden.
Organische Therapie
Ist keine Kausaltherapie der erektilen Dysfunktion möglich, stellt die orale medikamentöse Behandlung den vom Patienten bevorzugten Therapieweg dar (Braun et al., 2000). Während kausale medikamentöse Therapieoptionen im Sinne des Hormonersatzes (Testosterongabe) oder der Prolaktinsuppression eher eine seltene Therapiemöglichkeit sind, hat die orale Pharmakotherapie der erektilen Dysfunktion in den letzten Jahren durch die Entwicklung neuer, effektiver Substanzen beeindruckende Erfolge gezeigt. Damit ist die Medikation zur Therapie der ersten Wahl bei erektiler Dysfunktion geworden. Man unterscheidet Medikamente mit zentralem von solchen mit peripherem Wirkmechanismus (Tab. 5).
Phosphodiesterase-5-Hemmer ( Tab. 6)
Vor der Verordnung der PDE-5-Hemmer sollte eine kardiologische Risikoabklärung erfolgen. Ist der Patient der Low-Risk-Gruppe zuzuordnen, braucht keine kardiologische Abklärung vor einer Medikamentenverordnung vorgenommen zu werden (Hatzimouratidis et al, 2010 in EAU-Guidelines).
Nach den Empfehlungen des Second Princeton Consensus Conference on Sexual Dysfunction and Cardiac Risk (Kostis et al., 2005; Jackson et al., 2006) sollen Hochrisikopatienten keine Behandlung der erektilen Dysfunktion erhalten und sich sexueller Aktivität enthalten, bis sich ihre kardiale Situation stabilisiert hat. Patienten mit mittlerem oder unbestimmtem Risiko sollten sich zunächst einer ausführlichen kardiologischen Untersuchung mit Erhebung der Risikofaktoren, Beurteilung einer eventuellen koronaren Herzkrankheit, ggf. Belastungs-Elektrokardiographie, unterziehen, um so eine Zuordnung in die Gruppe mit hohem oder niedrigem Risiko zu ermöglichen, sodass entschieden werden kann, ob eine Behandlung der erektilen Dysfunktion mit PDE-5-Hemmern erfolgen kann oder nicht (Jackson et al., 2006; Mikhail, 2006).
Kontraindikationen für die Verordnung der PDE-5-Hemmer sind:
- Therapie mit Nitraten und NO-Donatoren (z.B. Molsidomin)
- sog. Poppers (Amylnitrit oder Amylnitrat)
- hohes kardiovaskuläres Risiko
- arterielle Hypertonie > 170/110 mmHg, komplexe antihypertensive Medikation
- Herzinfarkt, Schlaganfall oder Arrhythmien in den letzten 6 Monaten
- obstruktive linksventrikuläre Kardiomyopathie, Aortenstenose
- hypertrophe Kardiomyopathie
- arterielle Hypotonie mit Blutdruckwerten < 90/50 mmHg
- Retinitis pigmentosa
- antihypertensive Medikation, die mit orthostatischer Hypotonie einhergeht
- Medikamente, die die HWZ der PDE-5-Hemmer verlängern
- dekompensierte Leberinsuffizienz, da PDE-5-Hemmer vorwiegend hepatogen eliminiert werden
- alpha-adrenerge Blocker, wie z.B. Doxazosin (4 mg), das bei benigner Prostatahypoplasie verordnet wird, da Alphablocker eine ausgeprägte orthostatische Hypotonie auslösen können, wenn 50 oder 100 mg Sildenafil innerhalb von 4 Stunden nach Einnahme eines alpha-adrenergen Blockers eingenommen werden
- non-arteriitische anteriore ischämische optische Neuropathie (NAION): Diese Patienten sollten keine PDE-5-Hemmer einnehmen und ärztliche Hilfe suchen, wenn sie plötzliche Sehstörungen im Sinne der non-arteriitischen anterioren ischämischen optischen Neuropathie erleiden, die zum permanenten Visusverlust im zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme von PDE-5-Hemmern führen kann.
- Der Hersteller von Sildenafil empfiehlt darüber hinaus, die Einnahme des PDE-5-Hemmers zu beenden, wenn es zur plötzlichen Abnahme oder zu einem Verlust des Hörvermögens im zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme des Medikaments kommen sollte (Rosenberg, 2007).
Patienten mit akutem Koronarsyndrom dürfen 24 Stunden nach Einnahme von Sildenafil oder Vardenafil und sogar 48 Stunden nach Einnahme von Tadalafil nicht mit Nitraten behandelt werden (Beckman et al., 2006).
Es besteht kein klarer kausaler Zusammenhang zwischen Todesfällen oder akuten Myokardinfarkten und der Einnahme von Sildenafil (Mikhail, 2006). Allerdings ist bereits bei gesunden Männern das Risiko für einen Myokardinfarkt im Zusammenhang mit sexueller Aktivität höher als bei nicht koitaler Aktivität (Montague et al., 2007). Männer mit einem Myokardinfarkt in der Vorgeschichte haben ein 2,9-fach höheres Infarktrisiko bei sexueller Aktivität als bei anderen Aktivitäten (Montague et al., 2007).
Sildenafil (Viagra): Sildenafil (25, 50, 100 mg) war der erste zugelassene PDE-5-Hemmer und darf als eines der am besten untersuchten Medikamente angesehen werden (Boolell et al., 1996; Fink et al., 2002; Goldstein et al., 1998). Die Wirkung setzt nach 30–60 Minuten ein, wobei eine sexuelle Stimulation erforderlich ist. Die Initialdosis sollte 25 oder 50 mg betragen, danach erfolgt eine Dosisanpassung. Die Erfolgsraten liegen bei 56% (25 mg), 77% (50 mg) bis 84% (100 mg) bei einer Placeborate von 25% (Goldstein et al., 1998). Sildenafil ist auch als Generikum in verschiedenen Darreichungsformen (z.B. Schmelztablette, Kautablette) erhältlich.
Die Substanz Sildenafil ist mittlerweile auch zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie zugelassen.
Vardenafil (Levitra, in Österreich Vivanza): Vardenafil (5, 10, 20 mg) wird als zehnfach potenter als Sildenafil angesehen (Bischoff & Schneider, 2001; Brock et al., 2002a), weshalb es niedriger dosiert werden kann. Üblicherweise wird mit 10 mg begonnen (Angulo et al., 2001). Der Wirkeintritt stellt sich bei sexueller Stimulation innerhalb von 30 Minuten ein. Die Erfolgsraten liegen bei 66% (5 mg), 76% (10 mg) bis 80% (20 mg) bei einer Placeborate von 30% (Porst et al., 2001).
Die klinischen Daten zeigen keine höhere Effektivität als bei Sildenafil (Goldstein & Padma-Nathan, 1990; Padma-Nathan et al., 1997; Goldstein et al., 2002, Porst et al., 2003).
Aktuell wurde für Vardenafil eine 10-mg-Schmelztablette eingeführt, die bukkal resorbiert wird und nicht geschluckt werden muss. Sie wird nur als 10-mg-Tablette rezeptiert und soll durch die gute Resorption effektiv wirksam wie die bisherige 20-mg-Tablette sein.
Tadalafil (Cialis): Der dritte PDE-5-Hemmer, Tadalafil (10, 20 mg), hat eine sehr lange Halbwertszeit von 17,5 Stunden (Gresser & Gleiter, 2002). Dies verlängert das Wirkfenster der Substanz auf bis zu 36 Stunden (Brock et al., 2002b; Porst et al., 2002). Wegen der längeren HWZ wird diese Substanz auch in letzter Zeit bevorzugt (Derouet et al., 2004). Üblicherweise wird mit 10 mg begonnen. Der Wirkeintritt stellt sich bei sexueller Stimulation innerhalb von 30 Minuten ein (Saenez de Tejada et al., 2001). Die Erfolgsraten liegen bei 67% (10 mg) bzw. 81% (20 mg) bei einer Placeborate von 35% (Brock et al., 2002b). Trotz der längeren HWZ ist die Nebenwirkungsrate der Substanz nicht höher. Wegen der höheren Selektivität für die PDE-5 wird die PDE-6 der Retina nicht mitgehemmt, daher spielt die seltene Nebenwirkung des Blausehens bei Tadalafil keine Rolle. Im Gegensatz zu Sildenafil und Vardenafil wird der Effekt nicht negativ durch fettreiche Mahlzeiten beeinflusst.
Mittlerweile steht Tadalafil 5 mg auch als tägliche Medikation zur Verfügung. Die tägliche Einnahme hat als neue Therapieoption gegenüber der bedarfsgerechten Einnahme auch Eingang in die aktuellen EAU-Leitlinien gefunden. Als Nachteil ist zu werten, dass man über die Kumulation 2–3 Tage braucht, bis die volle Wirkung pharmakologisch erreicht ist. Darauf muss man die Patienten hinweisen.
Avanafil (Spedra): Avanafil ist der 4. PDE-5-Inhibitor auf dem deutschen Markt, der mit Dosierungen von 50, 100 und 200 mg erhältlich ist. Die etwas seltener auftretenden Nebenwirkungen und die Kontraindikationen entsprechen denen der anderen PDE-5-Hemmer. Als Anfangsdosis empfiehlt sich die jeweilige mittlere Dosis, im Falle einer renalen oder hepatischen Schädigung oder aber einem Alter von über 65 Jahren sollte mit der niedrigsten Dosierung begonnen werden. Auch bei HIV-Patienten unter Einnahme von Proteaseinhibitoren oder aber bei paralleler Medikation von Cimetidin, Ketokonazol oder Erythromycin sollte die Dosis auftitriert werden.
Die Nebenwirkungen der einzelnen Präparate sind vergleichbar. Dies sind vor allem Kopfschmerzen, eine Flush-Symptomatik, verstopfte Nase und Dyspepsie, bei Tadalafil zusätzlich Rückenschmerzen (Young, 1999; Brock et al., 2002b; Gresser & Gleiter, 2002).
Die Grenzen der oralen Pharmakotherapie werden in einer Metaanalyse dargestellt, die bisher nur für Sildenafil, nicht für die neuen PDE-5-Hemmer vorliegt (Tab. 7). Insbesondere ist ersichtlich, dass die hohen Raten von publizierten Erektionsverbesserungen nicht zwangsläufig zu einem erfolgreichen, vom Patienten erwünschten Geschlechtsverkehr führen.
Bei Versagen der oralen Pharmakotherapie können dem Patienten invasivere Therapieformen als Second-Line-Therapie angeboten werden.
Als neuester Ansatz wird empfohlen, bei Nichtansprechen auf PDE-5-Hemmer unbedingt den Testosteronspiegel zu kontrollieren, da ein Ausgleich des Testosteronmangels zum Ansprechen auf PDE-5-Hemmer führen kann. Dies erklärt sich dadurch, dass die neurogene und die endotheliale NO-Synthetase androgen reguliert werden.
Apomorphin und Yohimbin (Tab. 6)
Das als selektiver Dopaminagonist zentral wirksame Apomorphin-SL ist in Deutschland nicht mehr verfügbar. Die Substanz wird sublingual bedarfsgerecht angewendet und entfaltet etwa nach 20 Minuten ihre Wirkung. Apomorphin verbessert die Erektion über einen hypothalamischen Ansatz (Heaton et al., 1995; Heaton, 2000). Die Effektivität liegt bei 46,9% gegenüber 32,3% unter Placebo (Dula et al., 2001). Im Direktvergleich mit Sildenafil war Apomorphin deutlich unterlegen (Pavone et al., 2004), 95% bevorzugten den PDE-5-Hemmer (Porst et al., 2004). Ein Einfluss auf die Libido war in placebokontrollierten Studien nicht nachweisbar. Die häufigste Nebenwirkung ist Übelkeit, bis zum Erbrechen (Dula et al., 2001). Die Dosierungen sind deutlich geringer als in der Parkinson-Therapie.
Yohimbin (Yocon-Glenwood, Yohimbin-„Spiegel“) als zentraler Alpha-2-Antagonist wird noch vereinzelt als Dauermedikation eingesetzt, wobei in kontrollierten Studien nicht immer eine statistisch signifikante Überlegenheit gegenüber Placebo erreicht werden konnte.
Lokale Pharmakotherapie (MUSE, SKAT)Die dosisabhängige lokale Anwendung von Pharmaka über die Harnröhre (Prostaglandin-E1-haltige Pellets = MUSE = Medical Urethral System for Erection; Padma-Nathan et al., 1997) oder durch Selbstinjektion des Patienten (SKAT = Schwellkörperautoinjektionstherapie) bleibt für die Patienten reserviert, bei denen die bedarfsgerechte Tabletteneinnahme unwirksam oder wegen Nebenwirkungen nicht indiziert ist. Bei ungenügender Effizienz einer oralen Pharmakotherapie kann die wenig invasive MUSE in Kombination mit PDE-5-Hemmern noch einzelnen Patienten bei Versagen der Monotherapien zu einer ausreichenden Gliedsteife verhelfen. Wegen der schwierigen Handhabung wird dieses Verfahren nur selten gewählt.
Für die Schwellkörperautoinjektionstherapie ist in Deutschland nur Prostaglandin E1 (Caverject, Viridal) zugelassen. Insbesondere bei intrakavernösen Schmerzen nach Prostaglandininjektion kann auch die in Deutschland nicht zugelassene Papaverin-Phentolamin-Mischung (Androskat, beziehbar über Auslandsapotheke) noch erfolgreich eingesetzt werden. Nebenwirkungen der SKAT sind prolongierte Erektionen bis zum Priapismus, Thrombosen und lokale Fibrosen am Schwellkörper. Dies kann bis zu einer bleibenden Funktionsunfähigkeit der Schwellkörper führen.
Empfehlungen
Ischämischer Priapismus muss umgehend kompetent, z.B. mit intrakavernöser Blutaspiration und intrakavernöser Injektion von Sympathomimetika, wie etwa Phenylephrin, behandelt werden (Wespes et al., 2006).
Lokale Hilfsmittel (Vakuumtherapie, lokale Elektrotherapie)
Hilfsmittel wie Vakuumpumpen (Derouet et al., 1999) oder operative Eingriffe wie die Schwellkörperimplantate ergänzen die therapeutischen Möglichkeiten, stellen aber zahlenmäßig nur für einen kleinen Teil der Patienten eine akzeptable therapeutische Alternative dar. Die Art der Anwendung beschränkt die Akzeptanz der Vakuumtherapie trotz der geringen Komplikationsrate (lokale Hauthämatome, Schmerzen) und der von der Ätiologie der erektilen Dysfunktion unabhängigen Anwendbarkeit.
Beckenbodengymnastik oder die lokale Elektrotherapie (Ischiokavernosusstimulator EREC-FIT; Derouet et al., 1998) werden zur Verbesserung der Gliedsteife eingesetzt, insbesondere bei leichten und mittleren Graden venöser Okklusionsstörungen als Monotherapie oder zur Verbesserung des Ansprechens auf eine orale Pharmakotherapie.
Chirurgische Therapie: Schwellkörperimplantation
Rekonstruktive chirurgische Verfahren wie die Arterialisation mittels Epigastrika-Bypass oder die venös-resektorische Chirurgie können wegen zweifelhafter Langzeitergebnisse nur in Einzelfällen angeboten werden. Die Schwellkörperimplantatchirurgie mit Verwendung hydraulischer Systeme liefert jedoch bei strikter Indikationsstellung gute Langzeitergebnisse (Lewis & Jordan, 2002) und wird daher trotz aller neuen therapeutischen Entwicklungen weiterhin einen wichtigen Stellenwert bei der Therapie der erektilen Dysfunktion behalten. Komplikationen wie Protheseninfekt oder mechanisch-technische Probleme sowie eine Langzeitzufriedenheitsrate von 60–80% bei Patienten und Partnern (Montorsi et al,. 2000) geben diesem Verfahren erst nach Ausschöpfen sonstiger weniger invasiver Therapieoptionen seine Berechtigung. Bei Patienten mit Reflexentleerung und Kondomurinalversorgung bessern die Implantate auch die Befestigung der Urinale.
Besonderheiten für die Schweiz und Österreich
Die Leitlinien der SGU bezüglich Diagnostik und Therapie der erektilen Dysfunktion unterscheiden sich kaum von den vorliegenden Leitlinien. Nachfolgend werden die Unterschiede aufgeführt. Seitens der österreichischen Gesellschaft wurden keine Besonderheiten geltend gemacht.
Klassifikation: Neben der Unterteilung in vaskuläre, neurogene, anatomisch-strukturelle, endokrin-hormonelle und psychogene Störungen – Letztere unterteilt in den generalisierten und den situativen Typ – wird die pharmakologisch-medikamentös induzierte Erektionsstörung meist separat geführt. Häufig wird zudem die postoperativ-posttraumatische Erektionsstörung als eigene Kategorie behandelt, da hier neurogene und anatomisch-strukturelle, seltener auch vaskuläre Ursachen kombiniert auftreten.
Diagnostik: Die Pharmakodoppler-Untersuchung der Gefäße gehört nicht zur Routinediagnostik. Die nächtliche Tumeszenzmessung wird nur noch ausnahmsweise durchgeführt. Die invasive urologische Diagnostik mit Kavernosometrie und Kavernosographie (unter Pharmakostimulation) erfolgt bei spezifischen Fragestellungen, insbesondere bei jüngeren Patienten und primärer erektiler Dysfunktion, früh.
Versorgungskoordination
Die Diagnostik und Akuttherapie werden ambulant durchgeführt.
Expertengruppe
Prof. Dr. C.-A. Haensch, Kliniken Maria Hilf, Mönchengladbach
Prof. Dr. M. Hilz, Neurologische Klinik, Universitätsklinikum Erlangen
Prof. Dr. W. Jost, Neurologische Universitätsklinik, Freiburg
Dr. A. Kaufmann, Zentrum für Kontinenz und Neuro-Urologie, Kliniken Maria Hilf, Mönchengladbach
Für die Schweiz
PD Dr. T. M. Kessler, Neuro-Urologie, Zentrum für Paraplegie, Universitätsklinik Balgrist, Zürich
Für Österrich
DI Dr. H. Lahrmann, Mitglied der AG Autonoes Nervensystem der ÖGN, Wien
Federführend
Prof. Dr. Carl-Albrecht Haensch, Kliniken Maria Hilf, Viersenerstr. 450, 41063 Mönchengladbach
Tel.: 02161-892-3001, Fax: 02161-892-3003, E-Mail:
Entwicklungsstufe der Leitlinie: S1
Erklärung von Interessen und Umgang mit Interessenkonflikten
Interessenkonflikte schaffen ein Risiko dafür, dass professionelles Urteilsvermögen oder Handeln unangemessen beeinflusst wird. Sie manifestieren sich durch das Nebeneinander von primären Interessen (z.B. bei Leitlinienautoren die Formulierung evidenz- und konsensbasierter Empfehlungen zur Verbesserung der Versorgungsqualität) und sekundären Interessen (z.B. direkte und indirekte finanzielle, akademische, klinische, persönliche). Interessenkonflikte sind oft unvermeidbar, aber nicht zwangsläufig problematisch im Hinblick auf eine Beeinflussung der Leitlinieninhalte. Entscheidend für die Legitimation und Glaubwürdigkeit von Leitlinien sind Transparenz und der faire, vernünftige Umgang mit Interessenkonflikten.
Alle Mitwirkenden an der Leitlinie haben ihre Interessenerklärungen (AWMF-Formular zur Erklärung von Interessen im Rahmen von Leitlinienvorhaben) rechtzeitig und vollständig ausgefüllt beim Koordinator bzw. beim Editorial Office Leitlinien der DGN eingereicht. Im Formblatt wurden die Ausfüllenden gebeten, bei den dargelegten Interessen mit anzugeben, ob ein thematischer Bezug zur Leitlinie/zum Leitlinienthema besteht. Bei unvollständigen Angaben wurde Nachbesserung eingefordert. Abgefragt wurde auch die Höhe der Bezüge, die jedoch nicht veröffentlicht werden. Eine Selbsteinschätzung fand nicht mehr statt.
Alle Interessenerklärungen wurden geprüft und durch einen anonym arbeitenden, unabhängigen und sachkundigen Interessenkonfliktbeauftragten der DGN auf potenzielle thematisch relevante Interessen begutachtet.
Bewertungskriterien
Folgende Kriterien/Angaben wurden im Hinblick auf einen vorliegenden thematischen Bezug, die absolute Höhe der Bezüge sowie die Art und die Intensität der Beziehung geprüft:
- Gutachter/Beratertätigkeit: bezahlte Gutachter-/Beratertätigkeit
- Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat/Advisory Board
- Vorträge
- Autoren- oder Koautorenschaft
- Forschungsvorhaben/Durchführung klinischer Studien
- Eigentümerinteressen (Patente, Aktienbesitz)
- Indirekte Interessen (Mitgliedschaft/Funktion in Interessenverbänden, Schwerpunkte wissenschaftlicher u. klinischer Tätigkeiten)
Interessenkonflikte können nach AWMF-Regularien als keine, gering, moderat, hoch eingeschätzt werden.
50-%-Regel der DGN
Eine spezielle Vorgabe der DGN seit Mai 2014 sieht vor, dass für eine ausgewogene Zusammensetzung der Leitliniengruppe mindestens 50 Prozent der an der Leitlinie Beteiligten keine oder nur geringe für die Leitlinie relevanten Interessenkonflikte haben dürfen. Die DGN hat sich zur Einführung der 50-%-Regel entschieden, weil damit bei Abstimmungen kein Überhang von Partikularlinteressen entstehen kann.
Bewertungen der dargelegten Interessen
Bei allen Mitgliedern des Redaktionskomitees liegen keine Interessenkonflikte vor.
Die 50%-Regel der DGN, d.h. mindestens die Hälfte der Mitwirkenden dürfen keine oder nur geringe themenbezogene Interessenkonflikte besitzen, wurde eingehalten.
Die dargelegten Interessen der Beteiligten sowie deren Bewertung sind aus Gründen der Transparenz in der tabellarischen Zusammenfasszung (PDF zum Download) aufgeführt.
Finanzierung der Leitlinie
Diese Leitlinie entstand ohne Einflussnahme oder Unterstützung durch die Industrie.
Methodik der Leitlinienentwicklung
Zusammensetzung der Leitliniengruppe
Siehe Expertengruppe
Recherche und Auswahl der wissenschaftlichen Belege
Basierend auf der bestehenden Leitlinie erfolgte eine Literaturrecherche mittels Pubmed.
Verfahren zur Konsensusfindung
Die Konsensusbildung unter allen Autoren dieser Leitlinie erfolgte mittels eines modifizierten Delphi-Verfahrens. Endgültig verabschiedet in einer Abstimmung der Autorengruppe am 15.02.2018. Diese Leitlinie ist von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) verabschiedet worden.
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